Haussklaven.

Zwar gerade in Shenzhen angekommen und schon wieder eine Menge zu berichten, aber einer anderen Geschichte muß Vorrang gelassen werden. Meine Geschichte handelt von Haussklaven. In Hong Kong werden sie "domestic helper" oder einfach nur "helper" genannt. Besitzen tut sie eine jede Familie mit hohem mittleren oder hohem Einkommen. Diese Helfer, meist weiblich, kommen aus Indonesien oder, noch häufiger, von den Philippinen. Indonesierinnen sind billiger, weil sie nicht so gut englisch sprechen und mehr Ärger machen sollen. Angeblich. Während unserer Zeit im Penthouse im Happy Valley auf Hong Kong Island wurden wir von einer jungen Indonesierin Mitte 20 mitbetreut. Und, als ob sie's nur darauf angelegt hätte diesem Vorurteil gerecht zu werden, wurde sie tatsächlich erst einen Monat vor unserem Eintreffen wiederholt als Diebin zur Rede gestellt. Letzte Chance, Probezeit. Sie war im übrigen schon die dritte Indonesierin, die unserer Gastfamilie von der Agentur vermittelt wurde. Zu uns war sie sehr freundlich und hilfsbereit. Außerdem hat sie gut gekocht. In der Villenanlage "The Vineyard" in den New Territories im Norden Hong Kongs war eine Philippino für uns zuständig. Sie arbeitet schon seit sechszehn Jahren für die Familie und bekommt daher einige lächerliche Freiheiten mehr eingeräumt. Einer von 3 40-Inch-TVs darf während dem Putzen im Wohnzimmer beispielsweise eingeschaltet werden. Außerdem sei ihre Bezahlung, wie uns versichert wurde, deutlich über der herkömmlichen. Die liegt für die teuren, gut englisch sprechenden und weitaus seltener stehlenden Philippinos bei 350€ pro Monat normalerweise. Kost und Logis werden zusätzlich gestellt. Beide haben, wie allen Haussklaven gemein, in und mit der Familie gewohnt. In mehr oder weniger erbärmlichen Umständen. Kein oder fast kein Zimmer in unseren beiden Fällen. Die erste mußte auf einer, mit einer Decke verkleideten, Pritsche neben der 7 jährigen Tochter nächtigen. Die andere durfte sich an einem eigenen Kabüffchen ohne Fenster und Schrank, dafür mit eigener 2m-Naßzelle erfreuen. Die Zugangstür befindet sich in der Küche. Wir würden diesen Raum wohl eher als Vorratskammer bezeichnen. Nur so einfach ist das alles nicht. Es gibt tatsächlich in dieser Villa keinen anderen Raum, der ihr zur Verfügung gestellt werden könnte. Die Architektur weist dem Haussklaven bereits den Ort seiner Duldung zu. Denn wer diese Miete aufbringen kann, der bringt auch seine Angestellte mit und die muß wohnen nach Zuweisung. Der Familie bleibt kein Spielraum, denn Villa ist in Hong Kong nicht gleichbedeutund mit viel Platz, sondern mit Luxus.

Aber der Sklave hat auch arbeitsfrei. An allen Sonntagen und Feiertagen. Das führt zu einer Kuriosität in Hong Kong. Alle, und ich meine wirklich alle, treffen sich dann an bestimmten öffentlichen Plätzen zum Picknick, zum Tanzen und unterhalten. Sie belagern dann Fußgängerbrücken, Parks und auf Hong Kong Island vorzugsweise große Straßen oder U-Bahn-Vorplätze. Einige große Avenues werden dann gesperrt, sodass sich gemütlich ausgebreitet werden kann. Ein Phänomenen über das man leider in keinem Reiseführer lesen kann. Ein Spektakel ist es trotzdem und jedem Hong Kong Reisenden wärmstens zu empfehlen.
Wir haben erstmal genug von dieser Art von Knechtschaft. Ich glaub' ich kauf mir lieber einen japanischen Haushilfs-Roboter, da muß ich mir wenigstens keine Gedanken über Menschlichkeit und Unmenschlichkeit machen. Obwohl das Alles-einfach-mal-stehen-lassen schon irgendwie schön war.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0