"Antigua is world-famous for its many Spanish-language schools", konstantiert unsere Reisebibel. Die erfahrendsten Centro America-Reisenden, die wir in während unseres Asienaufenthalts treffen
durften, legten es uns ebenfalls nahe unseren "Part 2" unserer Reise, die Eroberung des Amerikanischen Kontinents, in Antigua zu beginnen. Dort sollten wir uns die Grundkenntnisse der spanischen
Sprache aneignen. Mit über 100 Spanischschulen scheint Antigua tatsächlich den obigen Empfehlungen zu entsprechen.
Eine frühe Investition könnte sich im folgenden Jahr (+) auszahlen. Zentral- und südamerikanische Eingeborene, so heißt es, seien der englischen Sprache nur mit Abstrichen mächtig.
Unser erster Eindruck bestätigt dies. Ohne spanisch bist du der Depp, und der wollen wir nicht bleiben. Aber: Schule ist Scheiße, und der Lehrer mein natürlicher Feind. 25 Jahre, meist leidvolle
Erfahrung haben mich das gelehrt. Soweit meine Grundeinstellung. Also bedurfte es einer Woche mentaler Vorbereitung, Aklimatisierung und Kontemplation mit Hilfe des einheimischen Bieres um unser
Vorhaben in die Realität umzusetzen. Recherche zahlt sich aus, wir sind ja keine Anfänger, und Zeit haben wir wie die hiesigen Marktfrauen Avocados. Letztendlich wählten wir als unseren Tempel
der Freude, die Schule "Escuela De Español Tecun Uman" mit Häuptling Mario. Sie verfügt über 30 Jahre Erfahrung willigen und widerwilligen Kunden die spanische Sprache anzueigenen. Der
Interessierte kann von Anfängerklassen bis zu Fortgeschrittenenkursen für Diplomaten, Mediziner und Entwicklungshelfern wählen, zusätzlich an Freizeitaktivitäten teilnehmen und, wenn gewünscht,
sogar in einer Eingeborenenfamilie wohnen. Den Mario, der grundsätzlich davon begeistert scheint, dem zahlkräftigen Kunden das volle Programm aufzuschwätzen, mußten wir enttäuschen. Wir gaben uns
mit der Billigversion mehr als zufrieden. 5 Tage je 4 Stunden und nur am Nachmittag, denn da ist es am billigsten und ausschlafen konnten wir auch. Sollen die amerikanischen Teens in die Vorzüge
des vollen Programms kommen. Von diesen Teens gibt's übrigens ebenfalls soviele wie die hiesigen Marktfrauen an Avocados stapeln.
Standardmäßig wird in Antigua Eins zu Eins unterrichtet. Keine Chance auf die, von mir so geliebte und über Jahrzehnte reservierte, letzte Reihe. Kein verstecken hinter Strebern, kein
Abschreiben, kein Schwänzen. Selbst die wenigen Vorzüge meines schulischen Alltags schienen schon vor der Geburt gestorben zu sein. Eine auf den ersten Blick mehr als abschreckende Vorstellung.
Aber eine neue Erfahrung mit einem nicht irrelevanten Nebeneffekt, dem Erwerb einer Weltsprache.
Jose, mein Lehrer, eher Freund als autoritärer Feind, konnte englisch, wollte diese wunderbare Sprache aber leider nur im äußersten Notfall benutzen. Alles hätte so einfach sein können. Wir
hätten die Zeit mit Diskussionen über tiefphilosophische Themen und sozio-kulturellen Problemen oder einem verbalen Krieg über richtig und falsch, verbringen können. Anstelle dessen redeten wir
über unser Alter, unsere Hobbies und stellten uns einander wieder und wieder vor. Wir stellten einander imaginäre Freunde vor und stellten uns vor was das Lieblingsessen unserer Lieblingstante
ist. Und alles nur weil der Depp nicht englisch reden wollte. Als ob das Internet in spanisch wäre und der Durchschnittschinese spanisch sprechen würde. Alles völlig absurd. Meine neue verkehrte,
selbstgewählte Welt. Aber wir hatten pro Person fast 100$ (in Worten Hundert Dollar!) investiert. Der Weg zurück war versperrt. Nun gut, wer Jose den kleinen Finger gibt, der... So läuft der
Traum vom spanisch lernen scheinbar. Jose sprach und sprach und sprach. Immer wieder, immer weiter, unaufhaltsam wie ein guatemalischer Chickenbus dem die Bremsen versagen. Und ich verstand mehr
und mehr. Konnte plötzlich auf spanisch antworten. Klar, immer noch wie ein Depp, aber eben wie ein Depp der nicht nur spanisch versteht, äh, doch gerade eben spanisch versteht. Jetzt haben wir
erweiterte Grundkenntnisse, können Verben konjungieren, einfache Sätze bilden und smalltalken.
Diese 20 Stunden (in Worten zwanzig Stunden!), muß ich gestehen, waren die wohl bestvorstellbare Investition. Es ist noch ein langer Weg, aber der beginnt ja immer mit einem ersten Schritt und
dank Jose war es ein Sprung mit Siebenmeilenstiefeln.
Poco a poco.
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